Die Affäre mit dem Stiefsohn

Tabubruch: „L’été dernier“ von Catherine Breillat bei der Viennale.

Das französische Universaltalent Catherine Breillat ist für ihre provokanten Filme bekannt. Dramen, die die weibliche Sexualität in einem klinischen, düsteren Stil und mit unkonventioneller Deutlichkeit erforschen, sind das Markenzeichen der Schriftstellerin, Regisseurin und Drehbuchautorin, die sich in jungen Jahren auch selbst vor der Kamera probierte.

Mit 17 Jahren schrieb sie ihren ersten Roman „Der leichte Mann“, der als nicht jugendfrei eingestuft wird und musste sich fortan aufgrund expliziter Darstellungen mit dem Vorwurf der Pornographie auseinandersetzen. Mit „L’été dernier“ liefert sie nun einen Thriller, der ein weiteres Tabu bricht: Begeistert erzählt Anne (Léa Drucker) einer Freundin, dass ihr 17-jähriger Stiefsohn Théo (Samuel Kircher) nun im Haushalt einziehen werde – eine Chance für ihren Lebensgefährten Pierre (Olivier Rabourdin), sich mit seinem Sprössling auszusöhnen. Auch die renommierte Anwältin und Mutter von adoptierten Zwillingsmädchen versucht, es sich mit dem Jüngling gut zu stellen, indem sie beispielsweise mit ihm eine Spritztour mit dem Scooter unternimmt oder im See herumalbert. Dabei merkt sie vielleicht zunächst gar nicht, bereits Grenzen einer gewöhnlichen (Stief)Mutter/Sohn-Beziehung zu überschreiten. 

Spätestens ab dem Moment, in dem sich Théo am See eng an Anne anschmiegt und nach ihren ersten sexuellen Erfahrungen fragt, wird jedoch deutlich, dass dieses Verhältnis zu intim ist. Die beiden beginnen eine destruktive Affäre, die sie Pierre gegenüber abstreitet, was Anne nicht nur in ihrem Selbstverständnis erschüttert, sondern auch drastische Konsequenzen mit sich zieht, da sich Théo als äußerst empfindlicher Liebhaber herausstellt. 

Die vertrackte Situation gipfelt schlussendlich in einer Wendung, die nicht nur unerwartet ist, sondern zudem auch zutiefst erschreckend. Mit „L’été dernier“ gibt Breillat nach 10-jähriger Absenz ihr Film-Comeback, mit einem Film, den Drucker in einem Interview als einen „der verstörendsten Filme“ bezeichnete, den sie je gedreht habe.  Sarah Riepl

Viennale-Termine:
24.10., 18.45 Uhr Urania
25.10., 21.00 Uhr, Gartenbaukino
in Anwesenheit von Catherine Breillat

Tickets: www.viennale.at

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